Gesundheit

Etwas mehr Haltung bitte!

Die Macht der Körperhaltung und wie sie unsere Psyche beeinflussen kann

Kennen Sie das? Sie sehen zwei Menschen im Gespräch. Einer von den beiden hat eine aufrechte und gesunde Körperhaltung und der andere eine eher gekrümmte und in sich zusammengesunkene. Ohne auch nur ein Wort mithören zu können, erkennen Sie wahrscheinlich auf Anhieb die jeweiligen Rollen in denen sich die beiden Personen befinden.

Der Person mit der gesunden und aufrechten Haltung, werden sie wahrscheinlich eine dominante und selbstsichere Rolle zuschreiben. Wohingegen Sie der Person mit der gekrümmten Haltung, eher eine defensive bzw. unterwürfige Rolle zuschreiben.

Unsere Körperhaltung ist mehr als nur die Art und Weise, wie wir uns physisch präsentieren. Sie spiegelt unseren inneren Zustand und nimmt Einfluss auf unsere psychische Verfassung. Eine gesunde und aufrechte Haltung trägt zu einem selbstbewussten Erscheinungsbild bei.

Die Entwicklung unserer aufrechten Körperhaltung

Die menschliche Körperhaltung ist das Ergebnis eines langen evolutionären Prozesses. Vor Millionen von Jahren begannen unsere Vorfahren, sich von einem Leben in den Bäumen zu einem Leben auf dem Boden zu entwickeln. Während dieses evolutionären Übergangs spielte die Anpassung an das aufrechte Gehen eine entscheidende Rolle. Die aufrechte Haltung brachte zahlreiche Vorteile mit sich. Darunter zum Beispiel eine verbesserte Sicht und die Fähigkeit, Werkzeuge zu benutzen. Sie ermöglichte es auch effizienter Nahrung zu jagen und zu sammeln. Was sich wiederum positiv auf unsere Gehirnentwicklung auswirkte.

Diese Aufrichtung, die wir uns während diesem Prozess angeeignet haben, hat allerdings nicht nur unsere körperliche Anatomie geprägt, sondern wie schon erwähnt, eine tiefgreifende Auswirkung auf unser emotionales Wohlbefinden. Eine aufrechte Haltung ermöglichte es unseren Voreltern, sich größer und dominanter zu fühlen. Was wiederum ihr Selbstvertrauen und ihren sozialen Status in der Hierarchie beeinflusste. Diese Idee wird durch moderne Forschungsergebnisse aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien gestützt und zeigt, dass die Körperhaltung einen direkten Einfluss auf unsere psychische Verfassung hat.

Eine spannende Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift „Psychological Science“, zeigte zum Beispiel, dass Menschen, die sich in einer aufrechten Haltung befanden, eine signifikant höhere Toleranz für Schmerzen aufwiesen als diejenigen, die in einer zusammengesunkenen Haltung saßen. Eine andere Studie, die im „European Journal of Social Psychology“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass Menschen, die sich in eine expansive Körperhaltung brachten – also die Arme und Beine ausstreckten – ein erhöhtes Gefühl von Selbstvertrauen verspürten. Die Menschen, die im Vergleich eine enge und zusammengekauerte Körperhaltung eingenommen haben, hatten ein geringeres Selbstvertrauen und eher eine depressive Grundstimmung.

Dies Studien belegen, dass eine aufrechte Haltung nicht nur das physische, sondern auch das psychische Empfinden von uns beeinflusst. Dies kann ich auch bei meinem Kursteilnehmende und Klientinnen immer wieder beobachten. Neulich kam ein junger Mann zu mir. Als er meine Räumlichkeiten betritt, sind seine Schultern nach vorne gesunken, sein Blick eher gesenkt und sein Gang etwas unsicher. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er sich gestresst und überfordert fühlt. Seine Körperhaltung spiegelte seinen inneren Zustand wider – bevor er auch nur ein Wort gesagt hat.

Unsere Körperhaltung heute

In einer Welt, die von Bildschirmen und sitzenden Tätigkeiten geprägt ist, wird die Bedeutung einer guten Körperhaltung oft noch unterschätzt. Eine aufrechte Körperhaltung ist hier auf jeden Fall von Vorteil. Denn oft verweilen wir während unserer Arbeitszeit Minuten – gar Stunden – in einer zusammengekauerten Körperhaltung.

Was, wie schon Charlie Brown von den Peanuts erklärte, einen verstimmten gedrückten Gemütszustand begünstigen kann. Charlie Brown von den Peanuts gefällt sich in der Rolle des depressiven Kindes. Diesen Zustand erreicht er durch seine bewusst herbeigeführte gekrümmte Körperhaltung. In einem Comic erklärt er seiner Freundin, wie man sich am besten hinstellt, um sich schlecht oder gar depressiv zu fühlen: „Wenn Du deprimiert sein willst, ist es ungeheuer wichtig eine gebeugte Haltung einzunehmen … auf keinen Fall solltest Du aufrecht und mit erhobenem Kopf dastehen, weil Du Dich dann sofort besser fühlst …“.

Die gute Nachricht ist, dass wir die Macht haben unsere Körperhaltung in beide Richtungen zu beeinflussen. Indem wir uns bewusst auf eine aufrechte und offene Körperhaltung konzentrieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen, können wir unser Selbstvertrauen stärken, unsere Energie steigern und sogar ein erfüllteres Leben führen.

In einer weiteren wissenschaftlichen Studie („Power Posing“) wird aufgezeigt, dass durch eine aufrechte gestreckte Körperhaltung der Testosteronspiegel steigt und der Cortisolspiegel sinkt. Diese Veränderungen können bereits nach einer Minute eintreten. Obwohl die genauen Mechanismen komplex sind, wird angenommen, dass Testosteron einen positiven Einfluss auf die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden hat. Ein niedriger Testosteronspiegel kann mit Symptomen wie Depression, Reizbarkeit und Müdigkeit in Verbindung gebracht werden. Mark Maslow beschreibt Testosteron sehr schön als das „das nackt-gut-aussehen-Hormon“. Cortisol wird oft als das „Stresshormon“ bezeichnet und spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation der Stressreaktion des Körpers.

Hier ein paar einfach Tipps, mit denen Sie Ihre Körperhaltung im Alltag verbessern können:

  1. Bewusstsein schaffen: Der erste Schritt zur Verbesserung Ihrer Körperhaltung ist das Bewusstsein für Ihre aktuelle Haltung. Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um sich selbst zu beobachten und zu erkennen, wie Sie stehen, sitzen oder gehen. Achten Sie besonders auf häufige Fehlhaltungen, wie das Einknicken der Wirbelsäule, das Hängenlassen der Schultern und des Kopfes.
  2. Übungen zur Stärkung der Muskulatur: Eine gute Körperhaltung erfordert eine starke und ausgewogene Muskulatur im gesamten Körper, insbesondere im Rücken, Nacken und Bauch. Ergreifen Sie regelmäßig Maßnahmen, um diese Muskeln zu stärken, indem Sie gezielte Übungen durchführen, wie zum Beispiel Rücken- und Bauchmuskeltraining, Pilates oder Yoga.
  3. Ergonomie am Arbeitsplatz: Verbringen Sie viel Zeit im Sitzen? Wenn ja, stellen Sie sicher, dass Ihr Platz ergonomisch gestaltet ist. Achten Sie darauf, dass Ihr Stuhl die richtige Höhe hat, Ihr Bildschirm auf Augenhöhe positioniert ist und Sie eine angemessene Unterstützung für Ihren Rücken haben.
  4. Pausen einlegen: Wenn Sie lange Zeit in einer Position verharren, kann dies zu Verspannungen und einer schlechten Körperhaltung führen. Nehmen Sie regelmäßig kurze Pausen, um aufzustehen, sich zu strecken und sich zu bewegen. Eine Faustregel: nach jeder gesessenen Stunde, eine Bewegungseinheit für 2 Minuten durchführen. Dies hilft, die Muskeln zu lockeren und die Durchblutung zu verbessern.
  5. Atmung und Entspannung: Achten Sie auf Ihre Atmung und versuchten Sie, tief und gleichmäßig zu atmen. Eine Tiefe Atmung kann dazu beitragen, Spannungen im Körper zu reduzieren und eine entspannte Körperhaltung zu fördern. Zusätzlich können Entspannungstechniken wie Meditation oder progressive Muskelentspannung helfen, Verspannungen zu lösen und eine bessere Körperhaltung zu erreichen.
  6. Aufmerksamkeit im Alltag: Nutzen Sie jede Gelegenheit, um Ihre Körperhaltung zu verbessern – sei es beim Gehen, Stehen, Sitzen oder sogar beim Liegen. Achten Sie darauf, dass sie sich bewusst aufrichten, Ihre Schulter zurückziehen und Ihren Kopf in einer neutralen Position halten. Mit der Zeit wird eine bessere Körperhaltung zur Gewohnheit.
  7. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Ihre Körperhaltung zu verbessern oder unter Schmerzen aufgrund einer schlechten Haltung leiden, kann es hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Indem Sie diese Tipps befolgen und sich bewusst auf eine gesunde Körperhaltung konzentrieren, können Sie langfristig Ihre Haltung verbessern, Verspannungen reduzieren und Ihr allgemeines Wohlbefinden steigern.

Unsere Körperhaltung ist ein mächtiges Werkzeug, dass wir nutzen können, um unser emotionales und mentales Wohlbefinden zu verbessern. Indem wir bewusst auf unsere Körperhaltung achten und Maßnahmen ergreifen, sie zu verbessern, können wir unser Selbstvertrauen stärken, unsere Energie steigern und ein erfüllteres Leben führen.

Also erinnern Sie sich das nächste Mal, wenn Sie sich gestresst fühlen oder unsicher sind – ein wenig mehr Haltung kann einen großen Unterschied machen.

Daniela Schwarz