Geheimnis Sympathie

Der erste Eindruck entscheidet
Ulrike und Marlene treffen sich auf der Party einer gemeinsamen Freundin. Sie haben sich noch nie zuvor gesehen, doch schon ein kurzer Plausch am Cocktailbuffet reicht aus, um zu wissen: Wir verstehen uns! Sie finden mühelos gemeinsame Gesprächsthemen, witzige Bemerkungen fliegen hin und her, und beide denken überrascht: „Die liegt ja total auf meiner Wellenlänge!" Am Ende des Abends tauschen sie Telefonnummern aus – und werden beste Freundinnen.
Wie das Gehirn Sympathie bewertet
Unser Gehirn verarbeitet neue Begegnungen blitzschnell. Die ersten Signale, die wir aufnehmen, sind meist optischer Natur: Gesichtsmerkmale, Gestik und Mimik prägen unseren ersten Eindruck. Der Psychologe Ronald Henss von der Universität des Saarlandes beschrieb Sympathie wie folgt: "Der erste Eindruck ist ein Phänomen, dem sich niemand entziehen kann. Zwischen 150 Millisekunden und 90 Sekunden dauert im Normalfall der Rundum-Check. Dann steht das Urteil." Diese Aussage deutet darauf hin, dass die Bildung eines ersten Eindrucks innerhalb dieses Zeitrahmens erfolgt. So gesehen hat auch das Klischee von der „Liebe auf den ersten Blick“ seine volle Berechtigung, denn auch die Partnerwahl folgt denselben Mustern.
Interessanterweise beeinflusst auch Attraktivität unser Empfinden. Schönen Menschen schreiben wir unbewusst positive Eigenschaften wie Gesundheit, Intelligenz oder Freundlichkeit zu. Evolutionär macht das Sinn: Attraktivität wird mit guter genetischer Ausstattung assoziiert und ist ein entscheidender Faktor für die Fortpflanzung. Instinktiv suchen wir Menschen, die uns ähnlich sind – sei es in Herkunft, Bildung oder optischer Erscheinung.
Die Rolle der Spiegelneuronen
Ein weiterer spannender Faktor sind die Spiegelneuronen. Diese speziellen Nervenzellen helfen uns, unser Gegenüber intuitiv zu verstehen. Sie sorgen dafür, dass wir automatisch Mimik oder Gesten nachahmen, was das Gefühl von Vertrautheit verstärkt. Wer sich ähnlich verhält oder ähnliche Interessen zeigt, wird uns daher oft sympathischer.
Neben visuellen und akustischen Signalen spielt auch unser Geruchssinn eine Rolle. Gerüche wirken deshalb so stark auf das Unterbewusstsein, weil deren Wahrnehmung direkt an das Gefühlszentrum des Gehirns gekoppelt ist. Über die Schweißdrüsen verströmt jeder Mensch einen individuellen Duft, der Hinweise auf das Immunsystem oder genetische Unterschiede gibt. Abweichende Gerüche nehmen wir oft als spannend wahr, da sie genetische Vielfalt signalisieren – ein Faktor, der evolutionär für die Partnerwahl relevant ist. Nicht umsonst sagen wir: „Ich kann jemanden gut riechen."
Gemeinsame Interessen und Erwartungen
Die Wahrnehmung und Beobachtung des anderen machen jedoch nur einen Teil des Sympathie-Phänomens aus. Das Wort „Sympathie“ setzt sich zusammen aus den griechischen Wortbestandteilen „sym“ (gemeinsam/zusammen) und „pathos“ (Begeisterung/Leidenschaft). Wir fühlen uns besonders zu Menschen hingezogen, die unsere Interessen teilen. Eine wesentliche Rolle spielt auch die eigene Erwartungshaltung. Wer sich mit anderen verbunden fühlt und gemeinsame Begeisterung erlebt, empfindet automatisch mehr Sympathie.
Interessanterweise verstärken sich diese Effekte in digitalen Zeiten. Studien zeigen, dass wir selbst in sozialen Netzwerken von Profilbildern oder kurzen Texten beeinflusst werden und in Sekundenbruchteilen entscheiden, ob uns jemand zusagt oder nicht.
Wer von anderen als sympathisch wahrgenommen werden möchte, sollte seine persönlichen Eigenheiten authentisch präsentieren, jedoch ohne aufgesetzte Selbstdarstellung. Nichts wirkt unsympathischer als übertriebene Selbstinszenierung. Eine Prise Selbstironie kann hingegen Wunder wirken. Letztendlich fliegen die falschen Vorgaben beim ersten persönlichen Kontakt auf!
Sympathie ist mehr als nur ein Gefühl
Am Ende bleibt Sympathie ein faszinierendes Phänomen, das unser Leben bereichert und die Basis für Beziehungen schafft – sei es in Freundschaften, der Liebe oder im Beruf. Und vielleicht steckt in der alten Weisheit doch ein Funken Wahrheit: Gleich und gleich gesellt sich gern!