Die Rau(ch)nächte
Zwölf magische Nächte
Die mystische Zeit der Raunächte begann traditionell mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember. Heute werden sie ab Heiligabend eingeläutet und dauern bis zum Dreikönigstag am 6. Januar. Um die zwölf magischen Raunächte ranken sich zahlreiche Mythen, Traditionen und Erzählungen, die über die Jahrtausende entstanden sind. Auch heute noch haben die Raunächte eine spirituelle Bedeutung, und viele Menschen nutzen die Zeit zwischen den Jahren für Rückzug, Rückschau mit Abschließen und Loslassen, innere Einkehr und mehr Zeit – für sich selbst.
Das Leben zwischen den Jahren neu ordnen
Das Mondjahr hat mit zwölf Mondzyklen eine Länge von 354 Tagen, während das Sonnenjahr 365 Tage umfasst. Am Jahresende bleiben somit elf Tage und zwölf Nächte übrig, um den Zyklus um die Sonne zu vollenden. Hier beginnen die Raunächte oder die zwölf heiligen Nächte, die zwischen dem alten und dem neuen Jahr liegen – in einer Zeit der tiefsten Dunkelheit, in der die Tage gleichzeitig jedoch wieder länger werden. Die Raunächte sind daher auch eine Zeit des Umbruchs und der Rückkehr des Lichtes. In diesen Nächten sollen die Menschen die Chance haben – und nutzen –, in sich zu gehen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen und ihr Leben neu zu gestalten.
Wann beginnen die Rau(ch)nächte und woher kommt ihre Bedeutung?**
Die erste Raunacht beginnt am 25. Dezember um 0 Uhr.
Der Name „Raunächte“ hat seinen Ursprung in alten germanischen Traditionen und wird auf verschiedene Weisen erklärt:
Rauchnächte: Eine verbreitete Deutung leitet den Begriff von „Rauchnächten“ ab. In diesen Nächten wurden traditionell Häuser und Ställe mit heiligen Kräutern ausgeräuchert, um böse Geister zu vertreiben und um Segen für das neue Jahr zu erbitten.
Raunächte: Eine andere Erklärung bezieht sich auf das Wort „rauh“ oder „rau“. Diese Deutung spielt auf die rauen, wilden Geister und die raue, unwirtliche Natur dieser Zeit an.
Die Tore zur „Anderswelt“ sind in den Raunächten geöffnet
In den 12 Raunächten, so wird erzählt, sind die Tore zur „Anderswelt“, ein Begriff aus der germanischen Mythologie, geöffnet. Die Grenzen zwischen der Welt der Lebenden und der Geisterwelt verschwimmen, und die Ahnen und Geister wandeln in der Welt der Menschen und bringen Unheil oder Segen – je nachdem, wie wohlgesonnen sie sind. Auch wird angenommen, dass in diesen Nächten die Seelen der Verstorbenen auf die Erde zurückkehren, um ihre Lieben zu besuchen.
Durch das Zusammenfließen der Welten sind die Raunächte eine Zeit für Orakel. In diesen Nächten, so der Glaube, kann man in die Zukunft blicken, Verborgenes enthüllen, das Schicksal des kommenden Jahres beeinflussen und dem Leben somit eine neue Richtung geben. Hierfür sind auch Träume hilfreich.
Die Magie der Träume in den Raunächten
Träume können in dieser Zeit besonders intensiv und tiefgründig sein. Jede der zwölf Nächte stellt symbolisch einen Monat des kommenden Jahres dar. So wird der 25. Dezember dem Januar zugeordnet, der 26. Dezember dem Februar usw., und der 5. Januar steht schließlich für Dezember. Die Träume in diesen Nächten haben eine besondere Bedeutung und können als Vorzeichen für die Zukunft gedeutet werden. Wichtig: Träume bilden die Zukunft natürlich nicht 1:1 ab, vielmehr werden im Traum die Gedanken, Gefühle und Erfahrungen verarbeitet.
Rauhnachtsbrauch in Österreich
Eine Zeit, in der sich Menschen uralten Bräuchen und Ritualen widmen
Da die Raunächte eine Zeit der Reflexion und der Reinigung sind, werden Häuser mit Rauch aus heiligen Kräutern gereinigt, um böse Geister zu vertreiben, positive Energien zu schaffen und um Glück und Segen für das neue Jahr anzuziehen.
In ländlichen Gebieten halten sich noch heute Bräuche wie z. B. während der Raunächte keine Wäsche zu waschen, um die Geister nicht zu stören. Die (harte) Arbeit ruht; stattdessen steht die Familie im Mittelpunkt. Man erzählt sich im Kreise seiner Lieben Geschichten und genießt gemeinsam die Stille und Dunkelheit dieser Zeit. In manchen Gegenden ist es Brauch, in den Raunächten Lärm zu machen, um die bösen Geister zu vertreiben. Diese Bräuche sollen uns an die enge Verbindung unserer Vorfahren mit der Natur erinnern.
Das Ritual der 13 Wünsche
Das Raunachtsritual der 13 Wünsche ist eine faszinierende Tradition. Dieses Ritual nutzt die tiefe symbolische Bedeutung und die besondere Energie dieser Zeit zwischen den Jahren, um Wünsche und Hoffnungen für das kommende Jahr zu manifestieren.
Durchführung des Rituals
Für das Ritual benötigt man 13 kleine Zettel, auf denen ein Wunsch für das kommende Jahr formuliert wird. Wichtig dabei ist, diese sehr konkret zu beschreiben. Die Zettel werden gefaltet, sodass man nicht mehr lesen kann, was darauf steht. In jeder Raunacht wird nun ein Zettel ungelesen in einem feuerfesten Gefäß verbrannt. Auf diese Weise werden zwölf Wünsche losgelassen und ihre Erfüllung dem Universum übergeben. Am Ende bleibt ein Zettel übrig, der in der letzten Raunacht geöffnet wird. Dieser Wunsch ist oft ein besonderer Wunsch und derjenige Wunsch, um dessen Erfüllung man sich selbst kümmern soll.
Mit Beginn der nächsten Raunächte können die Wünsche wieder hervorgeholt werden, um zu reflektieren, welche Wünsche in Erfüllung gegangen sind. Dabei geht es auch darum, Dankbarkeit zu zeigen und loszulassen, was nicht erfüllt wurde.
Spirituelle Bedeutung der 13 Wünsche
Das Ritual der 13 Wünsche in den Raunächten ist eine wunderbare Möglichkeit, das alte Jahr zu verabschieden und das neue Jahr mit Hoffnung und positiver Einstellung zu begrüßen.
Dieses Ritual ist mehr als nur ein Aberglaube oder eine alte Tradition. Es ist eine kraftvolle Übung für mehr Achtsamkeit. Indem man sich die Zeit nimmt, seine Wünsche zu formulieren und aufzuschreiben, fokussiert man seine Gedanken und Energie auf das, was wirklich wichtig ist. Es ist auch eine Übung für Vertrauen und Loslassen, da man die Erfüllung dieser Wünsche dem Universum überlässt.
Die heiligen Nächte sind die Zeit der Innenschau, der Ruhe und des Loslassens
Die Raunächte sind eine Zeit der inneren Einkehr und der Stille. Diese zwölf heiligen Nächte sind ein sehr guter Anlass, das vergangene Jahr zu reflektieren, sich von alten Lasten zu befreien und sich auf das neue Jahr vorzubereiten – und sich auf das zu besinnen, was wirklich zählt im Leben.
In den zauberhaften Raunächten können die geheimnisvollen Energien der Natur und deren verborgene Weisheiten erfahren werden. Die Raunächte weisen uns darauf hin, dass diese Welt viel mehr Facetten aufweist, als wir auf den ersten Blick wahrnehmen, und dass selbst in der dunkelsten Jahreszeit ein besonderes und einzigartiges Leuchten zu finden ist.
Dr. Astrid Heinl