Erklär mir mal

Aromatherapie

Es mehren sich in vielen medizinischen Bereichen die Hinweise, dass ätherische Öle tatsächlich helfen können. Sie lindern Krankheiten oder Beschwerden und Symptome zumindest teilweise. Es ist jedoch immer noch eine gewisse Zurückhaltung geboten: Es gibt insgesamt noch zu wenige wissenschaftliche Arbeiten, die eine ursächliche und spezifische Wirkung von Aromen bei bestimmten Krankheiten eindeutig belegen. Allerdings: Die Effekte von Aromatherapien lassen sich heute belegen und bei Probanden in klinischen Studien durchaus nachweisen. Die Aromatherapie sollte als Unterstützung bei der komplexen Behandlung von Krankheiten gesehen werden.

Die Aromatherapie blickt auf eine jahrtausendalte Tradition zurück. Sie ist Bestandteil der Pflanzenheilkunde und zählt damit zu den komplementärmedizinischen Methoden. Über lange Zeit war sie leider in Vergessenheit geraten. Archäologen fanden in Mesopotamien ein Destilliergerät, das zur Herstellung von Essenzen diente. Es soll 5.000 Jahre alt sein. Schon 4.000 Jahre vor der Zeitenwende wurden in Ägypten ätherische Öle zu Heilzwecken angewendet. Chinesen und Inder stellten zu ältesten Zeiten ihrer Geschichte spezielle Öle her, um ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu verbessern. Griechen und Römer nutzten in ihrer Blütezeit die Erfahrungen aus Ägypten, nachdem sie das ägyptische Reich erobert hatten.

So gelangten orientalische Düfte nach Europa und verbreiteten sich in Medizin, Heilkunde und im privaten Leben. Gut zu riechen, Düfte zu genießen, angenehme Luft um sich zu haben, aber auch zu heilen und sich gesund zu halten, waren Grundzüge einer sich immer weiter verbreitenden Aromatherapie. Duftende Wässer und aromatische Essenzen wurden Handelsgüter von größtem Wert.

Mit der Entdeckung der Dampfdestillation durch den arabischen Arzt Avicenna (980 – 1037) erhielt der Umgang mit Duftstoffen einen regelrechten Aufschwung: Die wissenschaftlichen Studien über die biologischen und therapeutischen Eigenschaften ätherischer Öle begannen mit den Untersuchungen des französischen Chemikers und Parfümeurs René-Maurice Gattefossé um 1920. Er prägte den Begriff „Aromatherapie“ und verstand darunter jede therapeutische Anwendung von ätherischen Ölen – so auch den Einsatz von Balsam gegen Erkältungen oder das Lavendelbad zur Beruhigung oder die Anwendung von pflanzlichem Tee bei Verdauungsbeschwerden. Heute fasst man die Definition etwas enger. Von Aromatherapie sollte man sprechen, wenn die Wirkung eines ätherischen Öls durch das Einatmen zustande kommt. Es werden weiterhin alle Methoden des Eindringens von Aromen in den menschlichen Körper zur Verbesserung der Gesundheit als Aromatherapie anerkannt, z. B. über die Haut und Schleimhäute.

Ätherische Öle und der Geruchssinn

Ätherische Öle haben viele Funktionen: Die Düfte setzen sich im Gedächtnis fest, lösen Reaktionen aus, wirken auf gesunde und kranke Abläufe im Körper, beeinflussen Zellen und Organe – Gerüche begleiten das tägliche Leben vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Die einen werden als belebend, angenehm und erquickend, stimulierend, erotisierend und aktivierend empfunden; andere sind als widerlich, abstoßend, ekelerregend und unangenehm wirksam. Somit wirken Gerüche direkt auf die Gefühlswelt des Menschen. Sie können für Wohlbehagen sorgen, aber auch für schlechte Stimmung verantwortlich sein. Bereits wenige Duftmoleküle reichen aus, um das Geruchsgedächtnis in Gang zu setzen. Erinnerungen mit dem Erleben von Gerüchen tauchen plötzlich wieder auf. Schnell wird der vorhandene Duft in die Erfahrungsschublade eingeordnet: angenehm oder unangenehm. Düfte setzen sich eben im Gedächtnis fest.

Duftmoleküle von ätherischen Ölen gelangen mit der Atemluft in die Nase. Dort sprechen sie den Geruchssinn an. Riechkolben in der Schleimhaut der Nase mit ihren circa 30 Millionen Sinneszellen werden aktiv. Über Nervenfasern sind diese hoch spezialisierten Zellen direkt mit dem Limbischen System des Gehirns verbunden. Die Geruchsbotschaften landen vorwiegend in der rechten Gehirnhälfte. Spezielle Regionen der Großhirnrinde arbeiten beim Riechen besonders intensiv. Da der Geruchssinn direkt an das Limbische System weitergeleitet wird, bezeichnen Wissenschaftler diesen Bereich auch als „Horst unseres Bewusstseins, unserer Gefühle und Instinkte“. Dort werden Gerüche mit Gefühlen „gekoppelt“ – sie treffen mitten ins Gefühlszentrum des Menschen. Und schon ordnet er den eingeatmeten Duft seinen Emotionen zu. Auch ändert sich das Repertoire der bevorzugten Düfte im Laufe des Lebens. Mit der Lebenserfahrung werden einige Duftnoten, die früher als betörend und erotisch empfunden worden sind, nach Jahren eher als überflüssig oder sogar lästig eingestuft.

Untersuchungen zeigen: Es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede im Geruchssinn. Gerüche werden von Frauen oftmals besser erfasst und identifiziert. Frauen merken sich Gerüche auch besser als Männer. Sie bewerten den Geruch oftmals anders als Männer und reagieren auch viel sensibler darauf.

Den Einfluss von Düften auf die Gefühlswelt des Menschen macht sich die Aromatherapie zunutze. Entspannen mit Hilfe von intensiv riechenden ätherischen Ölen aromatischer Pflanzen ist eines der Geheimnisse der Aromatherapie. Sie beruht auf der uralten Erkenntnis, dass bestimmte Gerüche sowohl das körperliche als auch das seelische Wohlbefinden positiv beeinflussen. Düfte wirken nicht nur auf die Gefühlswelt. Sie beeinflussen auch unser vegetatives Nervensystem, das unabhängig von unserem Bewusstsein viele wichtige Körperfunktionen reguliert – sowohl stimulierend als auch bremsend. Anspannung und Entspannung werden geregelt. Auch Herzschlag, Blutdruck, Schlaf, Hormonproduktion, Muskelspannungen und Magensäfte unterliegen ihren Einflüssen. Wer kennt nicht den plötzlich vorhandenen Appetit beim Geruch von frisch gebackenem Brot oder den Drang nach einer Tasse Kaffee bei dessen aromatischem Geruch?

Ziele der Aromatherapie

Ziel einer speziellen Aromatherapie ist eine sanfte und langanhaltende Einflussnahme auf körperliche und seelische Funktionen, auf ein besseres Wohlbefinden und körperliche Stabilität. Ätherische Öle sind die wichtigsten Stoffe der Aromatherapie. Immerhin werden etwa 300 Öle aus Blüten, Blättern, Schalen, Hölzern und Wurzeln zum Einsatz gebracht. Dabei kommen nur etwa 30 Prozent aller Pflanzenfamilien als Quellen für diese kostbaren Stoffe und Stoffgemische in Betracht. Grund: Die Pflanzen erhalten geringe oder geringste Mengen an ätherischen Ölen. Wissenschaftlich konnten in ätherischen Ölen mittlerweile mehr als 500 verschiedene Substanzen ermittelt werden. Ihre Gemeinsamkeit: Sie verflüchtigen sich bei Raumtemperatur. Das bedeutet: Sie verbreiten ihren „himmlischen“ Geruch in die umgebende Luft. Köstlich und kostbar sollte ein gutes Öl sein. Damit hat es auch seine wertvolle Qualität. Sie erkennt man recht einfach: Auf Filterpapier getropft, hinterlässt ein rein ätherisches Öl keinen Fettfleck. Reinheit bedeutet Qualität! Wenn ein Fettfleck zurückbleibt, ist das ätherische Öl mit anderen fetten Ölen gestreckt.

Ätherische Öle von guter Qualität sind pH-neutral bis leicht sauer. Daraus erklärt sich eine zweite heilende Komponente: antibakterielle Wirkung. Je nach Inhaltsstoffen wirken sie auch antiseptisch, entzündungswidrig, hautfreundlich, antiviral, immunstimulierend.

Ätherische Pflanzenöle kommen zur Anwendung bei:

  • Erkältungen, Entzündungen, Hauterkrankungen
  • chronischen Schmerzen, Bluthochdruck
  • Schlafstörungen, Appetitlosigkeit
  • Demenz, Depressionen, Verdauungsproblemen
  • allgemeine Befindlichkeitsstörungen

Tipps zur richtigen Anwendung

  • Ätherische Öle für die Anwendung als Aromatherapie sollten hundertprozentig rein sein. In Apotheken finden Sie Rat und das richtige Öl.
  • Ätherische Öle sind konzentrierte Wirkstoffgemische. Sie sollten deshalb die angegebenen Dosierungen nicht überschreiten. Die Öle dürfen nicht pur zur Massage auf die Haut aufgetragen werden. Mischen Sie sie mit einer entsprechenden Grundlage.
  • Ätherische Öle haben als Aromatherapie im Allgemeinen keine Nebenwirkungen. Allergiker und geruchsempfindliche Menschen sollten jedoch vorsichtig sein. Fangen Sie mit geringsten Dosen an und probieren Sie die Öle aus.

Anwendungen

Die ätherischen Öle werden am besten in einer Aromalampe verwendet. Zwei bis drei Tropfen reichen völlig aus, um einen 20 bis 25 Quadratmeter großen Raum zu beduften.

Man kann die Anwendung ätherischer Öle in drei Hauptgruppen unterteilen:

  1. Aufnahme überwiegend durch die Nase
  2. Aufnahme vorwiegend über die Haut
  3. Aufnahme besonders über den Verdauungstrakt

Dazu werden verschiedene Methoden verwendet, bei denen Aromen unterschiedlich zubereitet werden: Verdampfen und Zerstäuben dient zum Einatmen. Zugaben in Flüssigkeiten können als Wickel, Auflagen und Bäder verwendet werden. Auch als Zusatz zu Würzölen oder als Essenzen bei Speisen sind die speziellen Öle geeignet.

Duftlampe
Die Duftlampe ist die klassische Anwendung in der Aromatherapie – auch die einfachste und beliebteste Art. Durch sie werden Duftstoffe in einem Zimmer durch Verdunsten verteilt. Diese speziellen Lampen werden entweder aus Keramik, Glas oder Metall gefertigt, haben ihre funktionswichtige Form und werden meist mit einer Kerze betrieben. In eine mit Wasser gefüllte Schale gibt man zwei bis acht Tropfen vom erwählten Öl. Sie schwimmen als Tröpfchen auf der Oberfläche, da sie nicht wasserlöslich sind. Die Menge hängt von der Raumgröße und dem gewünschten Duftempfinden der Anwesenden ab. Ein alleiniges Öl, eine fertig gekaufte oder selbst zubereitete Mischung verdampft durch die Erwärmung allmählich in die Raumluft.

Es sind nur wenige Tropfen nötig, da das Öl eine hohe Konzentration seiner Wirkstoffe enthält. Einige der Essenzen verflüchtigen sich schneller und müssen somit höher dosiert werden. Bei anderen ist Zurückhaltung geboten, da sie bei zu massiver Anwendung eventuell Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen. Man muss bei den Duftlampen aber in Kauf nehmen, dass durch die Hitzeeinwirkung aromatische Eigenschaften verloren gehen. Es kann zur Denaturierung von Wirkstoffen kommen, so dass auch therapeutische Eigenschaften zerstört werden können.

Diffusor
Ein Diffusor ist ein elektrischer Feinzerstäuber. Er bläst Luft in einen Glaskolben, in dem sich einige Tropfen puren ätherischen Öls befinden. Durch den Druck werden Öltropfen in kleinste Partikel zerteilt und in den Raum gestäubt. Durch die ganz feine Verteilung entsteht der Duft in einem Zimmer. Da das Öl nicht erhitzt wird, bleibt die chemische Zusammensetzung unverändert. Der Diffusor ist ideal dazu geeignet, um das Schlafzimmer zu beduften. Da die Öle auch desinfizierend wirken, eignen sich diese Geräte sogar zur Desinfektion von Räumen während Grippezeiten. Asthmatiker und Patienten mit chronischen Erkrankungen der Atemwege verbessern ihre Beschwerden bei regelmäßiger Anwendung. Störender Nachteil: das Geräusch des Motors. Vermeidung: Schlafzimmer etwa 15 bis 30 Minuten vor dem Zubettgehen beduften.

Dampfinhalation
Wer kennt es nicht – das altbewährte Kopfdampfbad. Es eignet sich sehr gut zur Behandlung von akuten Infekten der oberen Atemwege. Kamille hat sich am besten bewährt. Den typischen Geruch kennt jeder. Aber auch andere Öle kommen zum Einsatz. Dazu gibt man zwei bis vier Tropfen in heißes, nicht kochendes Wasser, bedeckt den Kopf und das Gefäß mit einem Tuch und inhaliert den Dampf mit der gewünschten Substanz etwa zehn Minuten ein. Hinterher muss man das Gesicht mit kaltem Wasser abspülen.

Luftbefeuchter
Luftbefeuchter sind Behälter, in denen sich Wasser und ein paar Tropfen ätherischen Öls befinden. Sie bringt man an Heizkörpern oder Konvektoren an, um durch deren Wärmeeinwirkung eine gleichmäßige Verdunstung auszulösen. Damit sorgen sie für einen ausgeglichenen Feuchtigkeitshaushalt im Zimmer und vermeiden das Austrocknen der Luft und der Schleimhäute. Als Wasser ist Mineralwasser oder sauberes Regenwasser am besten geeignet, da Leitungswasser oftmals chemische Substanzen enthält, die sich mit einer guten und gesunden Befeuchtung und Aromatisierung der Räume nicht vereinbaren lassen. Die Ölzusätze sollten vor allem im Schlafzimmer beruhigend, schlaffördernd und entspannend wirken. Je nach individuellem Duftempfinden kann man für sich persönlich den angenehmsten Duft auswählen.

Heilsame Düfte für die Wanne

  • Schlafstörungen, Nervosität:
    Baldrian, Lavendel, Melisse
  • Unruhe:
    Citronellgras
  • Erkältung, Husten:
    Eukalyptus, Thymianöl
  • Schleimhautschwellungen:
    Fichtennadel, Menthol
  • Schlechte Stimmung, Gereiztheit:
    Rosmarin, Orange, Eukalyptus
  • Unausgeglichenheit:
    Rosenöl
  • Gelenkbeschwerden:
    Rosmarin, Kiefernadel
  • Verspannungen, Muskelschmerzen:
    Fichtennadel

Rezept für eine Bademischung
3 Tropfen Ylang Ylang
1 Esslöffel Sonnenblumenöl
3 Tropfen Immortellenöl
Mischen Sie die einzelnen Zutaten miteinander und geben Sie sie in ein Vollbad.

Badezusätze
Besonderes Wohlbehagen verschafft ein gemütliches, ausgiebiges und beschauliches Bad mit herrlich duftenden Badezusätzen. So kann die Badewanne zu einem medizinischen Kurzentrum in den eigenen vier Wänden werden. Wohlige Wärme umgibt den gesamten Körper – ein feiner Duft benebelt die Sinne – Entspannung und Fantasien stellen sich ein – Düfte stimulieren Millionen Nervenzellen – es stellt sich ein unvergessliches Badeerlebnis ein.

Badezusätze, Bademilch und Badetabletten enthalten eine Vielfalt von Aromen und Essenzen, die für die unterschiedlichsten physiologischen Wirkungen verantwortlich sind. Körper, Seele und Geist können entspannen – sie können aber auch angeregt, belebt, aktiviert und stimuliert werden. Durch das zusätzliche Ritual in seiner Badelandschaft kommt noch ein Gefühl des Wohlbehagens dazu. Was gibt es Schöneres als in eine duftende Wanne einzutauchen! Über die Haut und Atmung gelangen die ätherischen Öle in den Körper und entfalten ihre wohltuende Wirkung. Das Wasser sollte je nach Empfinden 36 bis 39 Grad warm sein. Man badet zehn bis 20 Minuten, duscht sich nicht ab und ruht eine halbe bis eine Stunde nach. Anschließendes Einölen oder Eincremen der Haut verschafft ein langanhaltendes Empfinden des Bades über Stunden.

Massage
Ganzkörpereinreibungen und Massagen mit ätherischen Ölen werden vom Behandelten wohl als eine der angenehmsten Formen einer Aromatherapie angesehen. Sie bieten die Möglichkeit, sich von einem anderen einmal so richtig verwöhnen zu lassen. Der verströmte Duft und die körperliche Berührung führen in dieser Kombination zu einer allgemeinen Entspannung und dem Empfinden von guten Gefühlen. Ganz nebenbei haben diese Anwendungen auch einen pflegenden Effekt für die Haut und letztendlich für die Schönheit.

Tipps:

Durch die mechanische Bearbeitung der Haut wird die Wirkung der ätherischen Öle noch verstärkt. Als Trägeröl ist jedes fette, kaltgepresste und unraffinierte Öl möglich. Keinen Eigengeruch und vorzügliche kosmetische Eigenschaften besitzen Mandel- und Jojobaöl. Sie eignen sich für jeden Hauttyp, besonders aber für empfindliche Haut. Die Öle werden von der Haut leicht aufgenommen und erleichtern das Eindringen ätherischer Öle, die gut dosiert zugesetzt werden – in der Regel zehn bis 15 Tropfen auf 100 Milliliter Trägeröl. Durch klassische Massagetechniken, aber auch durch den einmassierenden Effekt der Hautmassage, entsteht ein zusätzlicher Durchblutungseffekt. Durch ihn wird die Wirkung des Öls unterstützt. Auch lokales Einreiben schmerzhafter Stellen, bestimmter Körpersegmente oder Hautareale ist mit aromatischen Massageölen gut möglich.

Dr. med. Lutz Koch
Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin