Häufige Erkrankungen der Atemwege
„Alle Heilung geht durch den Atem.“
Paracelsus (1493 – 1541) schweizerisch-österreichischer Arzt, Alchemist, Astrologe, Mystiker und Philosoph
Jede Minute atmen wir 12 bis 18 Mal ein und aus. Obwohl die Luft klar, rein und durchsichtig wirkt, ist sie in Wahrheit voller mikroskopisch kleiner Fremdstoffe: Staubpartikel, Bakterien, Viren, Pollen oder Pilzsporen. Um diese schädigenden Substanzen nicht in die Lungen eindringen zu lassen, sind die oberen Atemwege mit einer Schleimhaut ausgekleidet. Auf der feuchten Schleimhaut von Nase, Rachen und Luftröhre bleiben die kleinen Teilchen haften und werden von rhythmisch schlagenden Flimmerhärchen hinausbefördert. Entweder werden sie sodann mit dem Schleim verschluckt und im Magen aufgelöst oder sie gelangen über den Husten- oder Niesreflex wieder nach draußen. Darüber hinaus sind Immunzellen in der Schleimhautschicht besonders aktiv, um die Eindringlinge zu bekämpfen.
Trotz ihrer Leistungsfähigkeit bleibt die Körperabwehr immer noch verwundbar, insbesondere wenn das Immunsystem durch Faktoren wie Stress, Schlaf- und Bewegungsmangel oder unausgewogene Ernährung geschwächt ist. Das erklärt die Häufigkeit von Atemwegserkrankungen.
Atemwegsinfekte – Grippe, Erkältung, Bronchitis
Herbst und Winter sind die typischen Jahreszeiten, in denen viele Menschen husten müssen und einen Schnupfen haben. Verantwortlich dafür sind Erkältungsviren, von denen es hunderte unterschiedlicher Arten gibt. Ihr Ziel sind die Schleimhautzellen der Atemwege, in denen sie sich einnisten und diese als Wirtszellen benutzen, um sich zu vermehren. Sobald der Körper erkennt, dass Viren am Werk sind, setzt er sofortige Abwehrmaßnahmen in Gang. Immunbotenstoffe werden ausgeschüttet, Fresszellen werden an den Ort des Geschehens geleitet, Entzündungen entstehen. Entzündungen gehören zu den Abwehrreaktionen des Körpers, sie lösen dabei aber die typischen Erkältungssymptome aus: Die Schleimhäute schwellen an, die Körpertemperatur erhöht sich und je nach dem Ort der Erkrankung zeigen sich Halsschmerzen, Husten oder Schnupfen.
Die Erkältung, die uns so leiden lässt, ist ein notwendiger Teil des Abwehrkampfs gegen die eingedrungenen Viren. Das Immunsystem ist auf diese Gegner sehr gut vorbereitet, benötigt aber in der Regel sechs bis sieben Tage, um die Schlacht siegreich zu beenden. Besonders lästig und hartnäckig ist eine Erkältung, wenn sie tiefer in die Atemwege vordringt und die Bronchien befällt. Eine Entzündung der Bronchien wird als Bronchitis bezeichnet. Sie beginnt üblicherweise mit einem trockenen Reizhusten, der körperlich sehr anstrengend sein kann und oft das nächtliche Einschlafen erschwert. In einem zweiten Stadium kommt es zur vermehrten Schleimansammlung in den Bronchien. Der anfangs noch zähe, festsitzende Schleim wird nach einiger Zeit „produktiv“ und kann abgehustet werden. Dadurch reinigen sich die Bronchien und die Abheilung beginnt.
Von der Erkältung – dem „grippalen Infekt“ – ist die Grippe zu unterscheiden. Manche Symptome ähneln sich auf den ersten Blick, wie z.B. Husten und Niesen (siehe auch Tabelle „Unterscheidung“ in der Rubrik Ratgeber im Beitrag Erkältungen sanft kurieren). Doch die „echte“ Grippe ist weit gefährlicher als der grippale Infekt und kann sogar lebensbedrohlich werden. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal ist der plötzliche Beginn der Grippeerkrankung. Unvermittelt kommt es zu Unwohlsein, hohem Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. Die Krankheit ist nicht nur schwerer als die Erkältung, sie dauert auch länger, oftmals mehrere Wochen. Verursacht wird die Grippe durch die Influenza-Viren. Gegen diese ist eine vorsorgliche Impfung möglich, aber da es unterschiedliche Influenza-Viren gibt, muss der Impfstoff von Jahr zu Jahr dem jeweils aktuellen Virustyp angepasst werden.
Ursächliche Behandlungen gibt es gegen virusbedingte Atemwegsinfekte kaum. Lediglich gegen die Grippe gibt es antivirale Medikamente, die allerdings möglichst rasch nach Krankheitsbeginn eingenommen werden müssen, um wirksam zu sein. Antibiotika richten sich ausschließlich gegen bakterielle Erkrankungen und können gegen Viren nichts ausrichten. Zur Genesung kommt es durch die Arbeit des Immunsystems, die man auf vielfache Weise unterstützen kann – z.B. durch Bettruhe, Schlaf, ausreichendes Trinken, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wie etwa Zink. Salz-Lösungen für Nase und Rachen können helfen, die gereizten Schleimhäute zu beruhigen. Pflanzliche Mittel (z.B. Efeu, Süßholz, Kapland-Pelargonie) oder Inhalationen mit ätherischen Ölen (Minze, Eukalyptus) wirken schleimlösend, andere zudem entzündungshemmend (Spitzwegerich, Thymian). Auch fiebersenkende Schmerztabletten (ASS), synthetische Hustenstiller oder abschwellende Nasensprays verschaffen Erleichterung.
Lungenentzündung
Virusbedingte Atemwegsinfekte sind bisweilen ein Trojanisches Pferd für bakterielle Zweitinfektionen, denn das vielbeschäftigte Immunsystem kann sich dann schlechter gegen einen Bakterienbefall zur Wehr setzen. Insbesondere im Zuge einer Grippe kann sich eine Influenza-Pneumonie, eine Lungenentzündung, herausbilden. Am häufigsten werden Lungenentzündungen vom Bakterientyp der Pneumokokken ausgelöst. Typische Anzeichen sind Fieber, Husten mit schleimig-eitrigem Auswurf, Schmerzen beim Atmen und allgemeine Mattigkeit. In den von der Entzündung betroffenen Lungenabschnitten kommt es zu einer Verdichtung des Gewebes und häufig zu Wassereinlagerungen. Der Gasaustausch an den Lungenbläschen (Alveolen) wird dadurch erschwert und aufgrund der eingeschränkten Atmung kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Je nach dem Erregertyp dieser Infektionskrankheit stehen für die Behandlung unterschiedliche Antibiotika zur Verfügung.
Asthma
Von Asthma bronchiale sind in Deutschland etwa zehn Prozent der Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen betroffen. Es handelt sich dabei um eine chronische Entzündung der Atemwege, genauer gesagt der Bronchien. Als Folge treten immer wieder Atemnot, Hustenanfälle und Kurzatmigkeit auf. Die Ursache von Asthmaanfällen liegt in einer Überempfindlichkeit der Bronchien auf verschiedene äußere Reize. Nicht zuletzt sind viele Pollenallergiker von Asthma betroffen: In diesem Fall missdeutet das Immunsystem die Pollen als Gefahrenstoffe und bildet entzündungsauslösende Antikörper, die für die gefährlichen Schleimhautschwellungen und Verkrampfungender Bronchialmuskulatur sorgen.
Durch die asthmatischen Verkrampfungen und Schleimhautschwellungen verengen sich die Bronchien, so dass der Patient nur noch schwer ein- und ausatmen kann. Die Beschwerden bei Asthmaerkrankung sind manchmal stärker, manchmal schwächer und können auch für längere Zeit ausbleiben. Zur Vorbeugung ist es wichtig, die auslösenden Reize möglichst zu meiden. Das können neben Pollen auch Tierhaare, Hausstaubmilben, Nahrungsmittel oder Medikamente sein. Auch kalte Luft, chemische Reizstoffe, Abgase sowie Stress und andere psychische Einflüsse können einen Asthmaanfall auslösen. Bei der Therapie unterscheidet man Langzeitmedikamente, die regelmäßig eingenommen werden müssen, von Medikamenten für den Akutfall. Dabei handelt es sich in der Regel um Sprays, die die verengten Atemwege wieder erweitern.
Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
Auf dem Boden einer chronischen Bronchitis bildet sich unter Umständen ein unheilbares Krankheitsbild heraus: Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (engl. chronic obstructive pulmonary disease). Dabei kommt es zu einer anhaltenden Verengung der Bronchien und zum teilweisen Zusammenbruch des Bronchialsystems. Die Erkrankung, über die vergleichsweise selten berichtet wird, ist häufiger als man denkt: Derzeit ist sie die vierthäufigste Todesursache weltweit, bis zum Jahr 2020 hat sie Prognosen zufolge den dritten Platz der am häufigsten zum Tode führenden Erkrankungen eingenommen. Die Symptome ähneln weitgehend jenen der „normalen“ chronischen Bronchitis: Atemnot, Husten und Auswurf. Die Symptome treten allerdings nicht nur unter körperlicher Belastung, sondern auch in Ruhe auf.
Betroffen sind am häufigsten Raucher, aber auch Luftverschmutzung (Schwefeldioxid), Staubbelastung oder häufige Atemwegsinfekte können COPD auslösen. Ein Therapie muss mit der Meidung der Auslöser beginnen, das heißt für die Raucher: sofortiger Rauchstopp. Medikamentös helfen so genannte Bronchodilatatoren als Spray, die die Bronchien erweitern und die Sauerstoffzufuhr verbessern. Bei einem COPD-Schub werden Kortisonpräparate gegeben, die die Entzündung bremsen. Um weitere Atemwegsinfektionen zu verhindern, werden eine jährliche Grippeschutzimpfung und eine Impfung gegen Pneumokokken angeraten.
Lungenembolie
Die Lungenembolie ist weniger eine Erkrankung der Atemwege als vielmehr eine Gefäßerkrankung. Es kommt dabei zu einem Verschluss von Blutgefäßen in der Lunge, der zumeist durch ein verschlepptes Blutgerinnsel (Embolus) verursacht wird, das sich in den Venen des Beckens oder der Beine gebildet hat. Ursache ist eine vorausgegangene Thrombose. Es gibt bestimmte Risikopatienten, die zu Thrombosen und damit zu Lungenembolien neigen. Erbliche Faktoren spielen ebenso eine Rolle wie z.B. hohes Alter, Störungen der Blutgerinnung oder die Anti-Baby-Pille bei Frauen. Die Lungenembolie gilt zudem als eine der gefährlichsten Komplikationen nach Operationen oder Entbindungen, mit unter Umständen tödlichen Folgen. In Deutschland sterben daran jährlich zwischen 40.000 und 100.000 Menschen. Um einer Lungenembolie vorzubeugen, erhalten Patienten, die operiert werden, oder schwangere Frauen in der Regel blutverdünnende Medikamente.